Das hat es in Schwentinental noch nicht gegeben!

Gemeinsame Presseerklärung ALLER Fraktionen in der Stadtvertretung

Mit den folgenden Texten muten wir Ihnen etwas Lesearbeit zu. Doch die Probleme, vor denen die Stadt steht, sind so groß, dass man weder die Tatsachen ,noch die Ursachen und schon gar nicht Lösungen schlagwortartig und in wenigen Sätzen darstellen kann. Zunächst also die gemeinsame Erklärung:

Die sieben Fraktionen in der Stadtvertretung haben am 22.April den Haushalt 2021 einmütig verabschiedet. Ohne Diskussion und ohne Änderungsanträge, und dass, obwohl dieser Haushalt mit einem äußerst unbefriedigenden Millionen-Defizit im Verwaltungshaushalt abschließt.

Mit ihrem Beschluss reagierten die Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter auf die mehr als bedrohliche Finanzlage der Stadt. Verursacht wird sie maßgeblich durch immens angestiegene Aufwendungen für die Pflichtaufgaben, die eine Kommune mit entsprechender Infrastruktur zu erfüllen hat.  Es sind dies vornehmlich die Kindertagesstätten, die Schulen, die Feuerwehren und Straßenunterhaltung. Investitionen in die Zukunft, wie der Bau weiterer Kindertagesstätten, die Erschließung eines Gewerbegebietes zur Schaffung von Arbeitsplätzen, die Erweiterung von Schulgebäuden oder der Ersatz eines baufälligen Feuerwehrgerätehauses erhöhten und erhöhen den Kreditbedarf und damit die Tilgungsverpflichtungen.

Bereits seit Jahren waren die Haushalte „auf Kante genäht“. Deshalb konnte schon lange nicht mehr alles, was wünschbar war und den Bürgerinnen und Bürger über das rein Notwendige hinaus dienen könnte, umgesetzt werden. Jetzt aber ist schon durch die den Kommunen von Bund und Land übertragenen Pflichtaufgaben ein Übermaß an Belastungen erreicht, das aus den Einnahmen nicht mehr kompensiert werden kann. An der Steuerschraube der Grund- und Gewerbesteuer kann nicht unendlich weitergedreht werden. Die durch die Pandemie steuerlich negative Einnahmeentwicklung tut ihr Übriges.

Die schwierige finanzielle Situation der Stadt muss aber auch Anlass sein, frühere Entscheidungen kritisch zu reflektieren und daraus zu lernen. Dies bedeutet, dass wir in Zukunft auch mehr Mut bei Entscheidungen von finanzieller Tragweite brauchen.

Der Haushalt 2021 war nicht mehr zu retten, auch nicht durch Kürzungen in allen Bereichen, schon gar nicht bei den freiwilligen Leistungen. Den Fraktionen geht es deshalb um die nachhaltige Verbesserung der Haushaltslage für die kommenden Jahre. Dies Ziel kann nur mit einer grundsätzlichen Aufgabenkritik, dem Durchleuchten aller Kostenträger, der Befassung mit Doppelstrukturen und der Personalplanung gelingen.

Deshalb hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, bestehend aus Vertreten aller Fraktionen und der Verwaltung. Dort soll dann frei und offen, ohne Denkverbote und mit möglichst großer Übereinstimmung aufgezeigt werden, wie die kommenden Haushalte der Stadt Schwentinental wieder gesunden können. Diese Arbeitsgruppe wird ihre Arbeit Anfang Mai aufnehmen.

Ihre Arbeit wird schwierig werden. Sie wird auch eine gute Balance zwischen den Ortsteilen finden müssen. Sie muss die Menschen in unserer Stadt dabei mitnehmen und trotz aller Entschlossenheit zum Sparen und spürbarer Einschnitte punktuell Raum ermöglichen für Aufgaben, die wichtig sind, Schwentinental lebens- und liebenswert zu machen.

Allen sieben Fraktionen steht das Ziel klar vor Augen. Die Bereitschaft, es zu erreichen ist uneingeschränkt vorhanden, die Übereinstimmung groß. Auch das ist ein Novum in der Schwentinentaler Kommunalpolitik. Dies zeigt, wie ernst die Lage und wie groß der Handlungsbedarf ist.

Die Fraktionen in der Stadtvertretung Schwentinental

CDU         SPD           SWG           B‘90/Grüne        KGK        FDP       WIR

Schwentinental, den 25.April 2021

Soweit die gemeinsame Erklärung der Fraktionen.

Zur Verdeutlichung der Lage

gibt Bernd Petersen, SPD-Fraktionsmitglied und Vorsitzender des Ausschusses Stadtentwicklung, Wirtschaft und Finanzen hierzu einige Erläuterung über das Was und Warum. Dazu zitiert er aus den Protokollen der Stadtvertretersitzungen der letzten Jahre zum Thema Haushalt:

2017

Laut Bürgermeister Stremlau stehen 23 Mio. Euro Schulden einer langen Liste von Investitionen (Schulen, Straßen usw.) gegenüber. Der Schuldenstand müsse reduziert werden, alle Möglichkeiten müssen ausgeschöpft werden. Der damalige Finanzausschussvorsitzende Dr. Scholtis geht davon aus, dass weitere freiwillige Leistungen auf den Prüfstand müssten.

2018

Der Finanzausschussvorsitzende weist darauf hin, dass die Verschuldung des Stadt bedrohliche Ausmaße annimmt. Freiwillige Leistungen müssen auf den Prüfstand.

2019

Kämmerer Ulrich Nebendahl trägt die Eckpunkte des Haushalts 2019 vor.

Einer der Schwerpunkte ist der Fehlbedarf der vergangenen Jahre und die Maßnahmen, die zu dessen erfolgreichen Abbau geführt haben. Trotz aller Bemühungen wird aber auch der Haushalt 2019 einen Fehlbedarf von rund 240.000 € ausweisen.

2020

Der Kämmerer nennt die größten notwendigen Vorhaben, zumeist unabweisbare Pflichtaufgaben. Trotz aller Bemühungen von Selbstverwaltung und Verwaltung wird der Haushalt 2020 einen Fehlbedarf von rund 357.000 € ausweisen.

„Fette Jahre“ gab es schon lange nicht mehr

Bereits daraus ergibt sich, dass es schon seit langem keine „fetten Jahre“ in Schwentinental gegeben hat, sondern alle Haushalte der vergangenen Jahre schon auf „Kante genäht“ waren.

Ungeachtet dessen musste die Stadt in weitere Projekte Geld investieren, insbesondere den Ausbau der Kindergärten und damit die Schaffung weiterer Kindergartenplätze vorangetrieben bzw. aufgrund der ständig steigenden Betreuungsnachfrage vorantreiben müssen.  Ein Ende ist bis heute nicht in Sicht.

Beispiel Kindertagesstätten: Millionen-Zuschüsse, Tendenz steigend

Die Stadt Schwentinental hat und wird zum Wohle der Familien und zur Deckelung der Elternbeiträge Jahr um Jahr folgende Zuschüsse aufbringen müssen(Die Baukosten sind da nicht mit enthalten):

2017              2,1 Mio.

2018              3,7 Mio.

2019              4,3 Mio

2020              5    Mio

2021              6,3 Mio

Dies bedeutet eine Steigerung innerhalb von vier Jahren um mehr als 4 Mio €. Zusätzliche Mittel von Bund, Land und Kreis gibt es aber nicht.

Die Finanzierung der Kindertagesbetreuung ist damit auch in Schwentinental eine stetig ansteigende Kostenposition geworden, die durch die fortlaufend steigende Nachfrage nach Betreuungsplätzen sowie auf wachsenden Betreuungsquoten insbesondere im Bereich der Kinder unter drei Jahren in Zukunft zu immensen Kostensteigerungen geführt hat und führen wird.

Von einer kommunalen finanziellen Entlastung durch das Land oder den Bund kann aber nur dann gesprochen werden, wenn die prognostizierten Einnahmen der Kommunen über die voraussichtlichen Kostensteigerungen in der Kindertagesbetreuung hinausgehen.

Die SPD-Fraktion ist der Meinung: Der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung der Einrichtung und Erhaltung umfassender Kindertagesbetreuung und deren Lasten müssen sich alle staatlichen Ebenen stellen, nicht nur die Kommunen.

Die Finanzierung dieser und anderer Pflichtaufgaben wie Schulen, Straßen, Feuerwehr kann und darf nicht überwiegend zulasten der Kommune gehen. Ansonsten dürften in Schwentinental fette Jahre auf längere Zeit nicht in Sicht kommen. Wir erinnern uns noch an die breite Kampagne, unterstützt durch das Land, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Auf die zugesagte Kompensation der Mittel aber warten die Kommunen heute noch.

Volker Sindt