Mit Leserbriefen hat Schwentinental so seine Erfahrung.

Der Leserbrief eines Schwentinentalers in den Kieler Nachrichten vom 13. Juli 2021 löste Erstaunen, Verärgerung, aber auch Ratlosigkeit aus, wie durch Falschinformationen und Fehleinschätzungen der öffentliche Eindruck einer angeblich aus dem Lot geratenen Kommunalpolitik und Verwaltung. Der Schreiber wandte sich offensichtlich in seinem eher emotional geprägten Rundumschlag gegen die ganz überwiegende Mehrheit in der Stadtvertretung, ganz besonders gegen den Bürgermeister und gegen seine Verwaltung.

Bürgermeister Haß und Bürgervorsteher Dieckmann haben daraufhin zur Richtigstellung einen Offenen Brief geschrieben, der nachrichtlich auch an die Mitglieder der Schwentinentaler Stadtvertretung und alle bürgerlichen Mitglieder in den Ausschüssen gegangen ist. Wir meinen, dass auch die Öffentlichkeit davon Kenntnis haben sollte und bringen deshalb den Bürgermeisterbrief mit dessen Zustimmung hier.

Es ist mal wieder viel Lesearbeit, die wir Ihnen zumuten müssen. Leider aber ist es oft so, dass leichtfertige Behauptungen schnell aus der Feder fließen, eine Erklärung oder Richtigstellung dann viel aufwändiger ist und allen Beteiligten Mühe abverlangen. Und noch etwas: Es ist gut, wenn offen die Meinung gesagt wird, aber stimmen sollte es auch! Den Namen des Leserbriefschreibers haben wir hier weggelassen, denn es geht uns nicht um die Person, sondern um den Umgang mit der Realität.

Hier nun die Antwort von Bürgermeister Haß und Bürgervorsteher Gerd Dieckmann:

Sehr geehrter Herr….,

Ihr am 13. Juli 2021 in den Kieler Nachrichten erschienene Leserbrief bedarf dringend einer Klarstellung unsererseits. Scheinbar sind Sie einigen Fehlinformationen unterlegen oder haben sich   falsch   beraten   lassen, nur   so   können   wir   Ihre   im   Leserbrief   dargelegten Fehleinschätzungen deuten.

Sie werfen sämtlichen Fraktionen vor, sie hätten sich „von jeglicher Verantwortung für das Haushaltsdesaster freigesprochen“.

Das komplette Gegenteil ist der Fall. Gerade weil sich unsere sieben Fraktionen mit ihren ehrenamtlich tätigen Stadtvertreter*innen ihrer Verantwortung  bewusst   sind,   haben   sie sich entschieden, in einer Arbeitsgruppe Vorschläge zu entwickeln, die durchaus zu erheblichen, ungeliebten Einschnitten in der Bevölkerung führen können.  Die Fraktionen sprechen sich demnach nicht frei, sie beweisen vielmehr Mut – in ihrer Verantwortung für unsere Stadt. Sie   werfen   einigen nicht benannten Stadtvertretern vor, sie würden ihre   „Misswirtschaften vertuschen“ wollen und verweisen diesbezüglich (praktisch zur Beweisführung) u. a. auf das Feuerwehrhaus am Bahnhof.

Wir wollen gerne bei dem von Ihnen gewählten Beispiel des Feuerwehrhauses bleiben. Die Entscheidung zum Neubau des Hauses hat eine lange Vorgeschichte, welche zeigt, dass sich die   Stadtvertreter*innen die Entscheidung nicht leicht gemacht haben. Auch ein Bürgerentscheid war Teil der Entscheidungskette.  Auch ein Gutachten gehörte dazu, aus welchem hervorging, dass ein zentraler gemeinsamer Standort der Wehren nicht den Anforderungen des Brandschutzes entspricht. Außerdem gab es wegen der Baufälligkeit des alten Gebäudes keine Alternative zu einem Abriss bzw. zu Bauaktivitäten. Das Ergebnis können wir heute in der Bahnhofstraße betrachten. Der kürzlich stattgefundene Großeinsatz der Feuerwehr beim Starkregenereignis am 29. Juni hat dabei eindrucksvoll 

bestätigt, dass das Gebäude definitiv für solche Einsätze gewappnet ist, die   technischen Anlagen den Bedarfen  entsprechen und der Parkplatz keinesfalls zu groß konzipiert wurde; es blieb kein Stellplatz leer. Gerade Ihnen als aktiver Feuerwehrmann sollte all dieses bewusst und bekannt sein. Sie dürfen sich über ein zusätzliches Plus bzgl. der Sicherheit in unserer Stadt freuen.  Die Stadtvertretung hat dies seinerzeit erkannt und sich mutig für  eine  große Investition entschieden, die keineswegs einer Misswirtschaft entspricht.

Des Weiteren werfen Sie den Fraktionsvorsitzenden vor, sie würden „im Hinterzimmer beim Bürgermeister in geheimer Mission klüngeln“. Mit der Benutzung des Begriffs „klüngeln“  stellen Sie die ehrenamtlich tätigen Fraktionschefs bewusst in ein schlechtes Licht, werfen ihnen unterschwellig das Erreichen eigener Vorteile vor.

Diese Unterstellung weisen wir in aller Deutlichkeit zurück. Hier geht es nicht um einseitige Zielvorstellungen, die womöglich einer bestimmten Fraktion politisch dienen. Vielmehr soll ein gemeinsames Konzept als Vorschlag erstellt werden, welches durchaus auch bittere Konsequenzen nach sich ziehen kann. Ihre Wortwahl bezeichnen wir als völlig fehl am Platze. Die Sitzungen finden auch nicht im Zimmer des Bürgermeisters oder einem   anderen Nebenraum   statt, sondern im Großen Bürgersaal des Rathauses, dort, wo auch andere Gremien in öffentlicher und nicht-öffentlicher Sitzung tagen.

Sie meinen, „niemand darf was sagen und wer nicht mitspielt, den versucht man zu diskreditieren, indem man ihm öffentlich unterstellt, er würde seine Mitarbeit aufkündigen“.

Bei dem Abgang der KGK aus dem Arbeitskreis, den Sie, Herr….., hier ansprechen, handelt es   sich in der Tat um eine Aufkündigung der Mitarbeit. Das betrachten wir nicht als Unterstellung, sondern als Tatsache. Wenn jemand die Spielregeln nicht einhalten und eine Vereinbarung nicht unterzeichnen will und das Gremium deswegen verlässt, entspricht dies praktisch einer Vertragskündigung,   somit   einer   Aufkündigung. Den böswilligen   Begriff   der Diskreditierung hat hier niemand benutzt, außer Sie selbst, Herr…., in Ihrem Leserbrief. In der Sache sei in diesem Zusammenhang bemerkt, dass wir den Abgang der KGK und nun auch der WIR, sehr bedauern. Die gemeinsame Presseerklärung aller sieben Fraktionen vom 26. April signalisierte ein zuversichtliches Zeichen der gemeinsamen Verantwortung– über bisherige kommunal-politische Grenzen hinweg.

Wenn Sie nun behaupten, niemand dürfe etwas sagen, haben Sie tatsächlich die Bedeutung des eingerichteten Arbeitskreises nicht verstanden. Ohne Tabus soll dort diskutiert werden, jede Idee, erscheint sie im ersten Moment auch noch so absurd, ist hier willkommen. 

Sie   formulieren: „Durchbringen wollen diese Herren Ihre Geheimoperation dann, an   den Fachausschüssen vorbei, direkt in den Hauptausschuss, um dort die eigenen Entwürfe zu beschließen“.

Auch hier strotzt Ihre Darlegung abermals von einer abzulehnenden Polemik, welche der Sache keineswegs dienlich ist. Die Gemeindeordnung sieht durchaus bei bestimmten  Angelegenheiten die Behandlung im nicht-öffentlichen Teil vor. Dies ist ein Teil der Gesetzgebung in unserem Rechtsstaat und hat nichts mit einer Geheimoperation zu tun. Dieses Prinzip wurde auch in diesem eingerichteten Arbeitskreis vereinbart – und zwar aus gutem Grund. Wenn alle angesprochen Bereiche sofort in die Öffentlichkeit getragen werden, auch ohne dass sie jemals Aussicht auf Erfolg hätten, würde dies womöglich für eine große Unruhe sorgen, die nicht zu verantworten wäre. Darüber hinaus würde die  Fokussierung auf eine Einzelmaßnahme den Blick  auf das ausgewogene Ganze verlieren lassen. Und eben ein solches ganzes Paket gilt es zu entwerfen, um dem großen Haushaltsdefizit zu begegnen. Kleine, einzelne Schritte, die sich in Fachausschüssen entwickeln oder dort zur Debatte stehen, werden der Dimension der aktuellen finanziellen Schieflage nicht gerecht.

Für ein solches Gesamtpaket steht dann auch nach Gemeindeordnung der koordinierende Hauptausschuss zur Verfügung, nach § 45b (3) GO kann der Hauptausschuss die den Ausschüssen übertragenen Entscheidungen an sich ziehen, wenn der jeweilige  Ausschuss noch nicht entschieden hat. Die Einheitlichkeit der Arbeit muss dazu im Vordergrund stehen. Um eine solche geht es bei einem finanziellen Gesamtpaket zweifellos. Im Übrigen beschließt der Hauptausschuss nicht, er soll das Paket (oder wie Sie selbst, Herr….. einräumen: den Entwurf) kräftig diskutieren und somit die Stadtvertreter*innen in die Lage versetzen, einen Beschluss in der Stadtvertretung zu fassen. Die Stadtvertretung kann den Antrag dabei nach eigenem Ermessen und bei Bedarf in die zuständigen Ausschüsse zur weiteren Beratung überweisen.

Sie unterstellen, dass die „Fraktionsvorsitzenden   den   Stadtvertretern   das   Recht   auf angemessene Informationen und Diskussionen nehmen“ würden.

Zur Klarstellung: Der Arbeitskreis hat die Aufgabe, ein Gesamtpaket zu erstellen, welches dann selbstverständlich als Ganzes in den Fraktionen intensiv beraten werden muss. Niemand will und darf den Fraktionsmitgliedern dieses Recht entziehen. Auch im Hauptausschuss sind sämtliche Stadtvertreter*innen berechtigt, an der Diskussion   teilzunehmen. Seien Sie sich gewiss, Herr…., dass kein Mitglied unserer Stadtvertretung im Dunkeln gelassen wird.

Sie kritisieren, dass ein „Antrag auf das Ende der Debatte Demokratie und Transparenz“ (Erläuterung: wurde in der letzten Stadtvertretersitzung gestellt und mit 2/3-Mehrheit getragen )nicht zuließe.

Wir geben Ihnen Recht, wenn Sie eine intensive Debatte als Kernbereich unserer Demokratiebezeichnen. Aber mit dem Antrag auf Ende der Debatte wurde in der besagten Sitzung der Stadtvertretung genau dieses eingefordert. Ein kurzfristig eingereichter Antrag   sollte hier diskutiert oder womöglich beschlossen werden, ohne dass dieser vorher in einem Ausschuss thematisiert worden wäre. Der Antrag war somit noch überhaupt nicht beschlussreif und hatte somit in der Sitzung der Stadtvertretung prinzipiell noch nichts zu suchen. Deswegen hat die Mehrheit   des   Gremiums   diese   Thematik   in   den   Ausschuss   zur   detaillierten Behandlung verwiesen. Debattenkultur bedeutet eine intensive   inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Themenbereich vor der Behandlung in der Sitzung   der derzeit 29-köpfigenStadtvertretung.

Sehr geehrter Herr…., wir bitten Sie hiermit, auf unangebrachte Vorwürfe mit nicht akzeptabler Wortwahl zu verzichten und stattdessen nicht in Ihrem Engagement um unsere Stadt nachzulassen und sich mit guten Ideen konstruktiv einzubringen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Th. Haß               gez. Gerd Dieckmann

Bürgermeister           Bürgervorsteher